Ein Blick aus den Randgebieten des Zarenreiches fordert geradezu auf, lang gehegte Annahmen über die russische Revolution und die Entwicklung des marxistischen Herangehens an die nationale Befreiung neu zu überdenken.
Im vorliegenden Aufsatz werden die Debatten unter den Sozialisten zur nationalen Frage bis 1914 analysiert. Ich behaupte, dass eine wirksame Strategie des Marxismus in der kolonialen Frage zum ersten Mal von den Sozialisten der Randgebiete des Zarenreiches vorgelegt wurde, nicht von den Bolschewiki. Vladimir I. Lenin und seine Genossen blieben in dieser Schlüsselfrage bis in den Bürgerkrieg hinein hinter den nichtrussischen Marxisten zurück. Diese politische Schwäche hilft zu erklären, weshalb die Bolschewiki damit scheiterten, unter den beherrschten Nationen Wurzeln zu schlagen. Als Folge dessen waren die Bolschewiki dort entweder zahlenmäßig schwach und/oder gleichgültig gegenüber den nationalen Autonomiebestrebungen in den sozialistischen Revolutionen in den Randgebieten.
Wer waren die Marxisten der Randgebiete?
Unser Verständnis der revolutionären Bewegung in Russland ist bis heute davon beeinträchtigt, dass die sozialistischen Parteien der beherrschten Nationalitäten des Reiches von der Geschichtsschreibung marginalisiert wurden. Da die ethnischen Russen maximal 42 Prozent der Bevölkerung stellten, kann es nicht überraschen, dass die Mehrheit der Sozialdemokratendes Zarenreichs nichtrussischen Parteien angehörte ….
Der ganze Artikel als PDF: Blanc – Jahrbuch_2015_II